„Was steckt eigentlich noch an Bearbeitung in deinen Bildern, Mark?“
Die Frage kam jetzt schon das ein oder andere mal auf mich zu und auch in meiner Facebook Gruppe „Street Photography für Anfänger“ wurde sie mir gestellt – gerne möchte ich dir einen kleinen Einblick in meinen Workflow mit Lightroom geben. Insgesamt bearbeite ich 15 Bilder und erzähle ein kleinwenig, was ich da mache und warum. Dauert gut 18 Minuten.
Bring auch für den Artikel ein wenig Zeit mit, oder bleib beim Scrollen einfach nur bei den Bildern hängen, die dich interessieren. Ist doch etwas läääääänger geworden.
Gleich vorweg – die Bildbearbeitung ist kein Hexenwerk. Voraussetzung ist natürlich, dass das Bild bereits passt in Sachen Bildaufbau, Inhalt und Belichtung. Ich nutze für den Beitrag jetzt nur die Presets aus meinem Shop (sind kostenlos).
Noch was, sei etwas nachsichtig mit meinen Videokünsten – da hab ich keinen Plan und arbeite tatsächlich mit meinem Handy. Es wird mit der Zeit besser, ich verspreche es. Kennst du noch Bob Ross? Den Zeichner, den man damals in den späten Abendstunden im TV geschaut hat – mehr oder weniger als Einschlafhilfe … genau so komm ich mir gerade bei meinem Video vor. 🙂
Los gehts
Bild #1
Ricoh GR2, ISO 1600, 1/2000sek, f/6.3
Eigentlich wäre bei dem Bild, meiner Meinung nach, nicht viel Bearbeitung nötig. Etwas gerade rücken und ein wenig Kontrast ins Bild bringen. Schwarzweiß geht natürlich immer, wem sage ich das. Haha.
Tipp: Wenn du etwas die unterbelichteten Bereiche ausarbeiten willst, nutz eher den Regler „Tiefen“ statt „Belichtung“, so verlierst du nicht die Zeichnung in den Wolken.
Bild #2
Ricoh GR2, ISO 400, 1/20sek, f/3.2
Je besser du dein Bild vor dem Auslösen schon komponierst und die Einstellungen der Kamera korrekt eingestellt hast, ist in der Nachbearbeitung nicht mehr wirklich viel zu tun. Da ich auch noch ein Preset namens „Berlin“ – wie treffend – genau für dieses Bild erstellt habe, klicke ich hier tatsächlich nur einen Knopf und das Foto sieht so aus, wie es jetzt aussieht.
Bild #3
Ricoh GR2, ISO 400, 1/500sek, f/11
Hier gehts schon etwas schiefer zur Sache. Das ist dem Fotografieren aus der Hüfte geschuldet. Ich nutze diese Technik sogar relativ häufig und bin eigentlich ganz treffsicher damit – aber Ausrichten muss ich es so gut wie immer. Da lobe ich mir die 28mm. Bis auf solche Ausnahmen crope ich relativ wenig.
Farblich hätte ich hier eigentlich eine schwarzweiß Version gewählt (ok gut, ich hätte immer schwarzweiß gewählt 🙂 ), aber meine Frau findet die farbige Version deutlich schöner – dann solls so sein.
Beim Hochziehen von Kontrast und den Tiefen sieht man plötzlich über der Zeitung die Umrisse einer Jacke. Sowas würde ich, schmerzbefreit, weg stempeln – ja, würde ich und hab ich auch gemacht! Kleinere Schönheitsmakel kann man, meiner Meinung nach, wegstempeln. Größere Gegenstände oder gar Personen wäre dann für meinen Geschmack allerdings zuviel des Guten.
Bild #4
Ricoh GR2, ISO 400, 1/500sek, f/6.3
Auch hier habe ich wenig Hand angelegt. Ich hätte noch ein wenig mehr die Lichtsituation oben links ausarbeiten können, aber ansonsten bin ich ganz zufrieden damit, auch ohne viel Bearbeitung. Ok, schwarzweiß wäre besser gewesen …
Bild #5
Ricoh GR3, ISO 200, 1/13sek, f/2.8
Aus meinen Presets habe ich hier „Lissabon“ gewählt. Frag mich nicht, wieso die Presets Städtenamen haben aber so Namen wie „Farbe 01 hell“ oder „Schwarzweiß 03b, hoher Kontrast“ fand ich auch irgendwie lahm.
Mit Hilfe des Presets brauchte es nur noch wenig an Korrekturen. Die Farbtemperatur ein wenig kälter, ins Blau gezogen, bisschen den Weißregler hochgedreht, fertig. Vielleicht hätte ich oben den Bereich noch wegschneiden können. So das man nicht abgelenkt wird und nur die unscharfe U-Bahn als Hintergrund hat.
Das Bild entstand auf einem Ricoh GR3 Treffen in Köln, was von Ricoh selbst und Soul of Street organisiert wurde. Ich war eingeladen ein Vorserienmodell der GR3 zu testen. Vielen Dank an Wolfgang Baus (Ricoh) und die Jungs von Soul of Street und meine Street Photography Kollegen, die an dem Tag auch dabei waren. Allen voran, Lintaro, der einen grandiosen Review zur Kamera geschrieben beziehungsweise gefilmt hat.
Bild #6
Ricoh GR3, ISO 1250, 1/100sek, f/2.8
Ein Bild, bei dem ich, wenn es denn in Farbe sein soll, wenig machen würde. Ein bisschen Kontrast und Belichtung hochziehen – mehr nicht. Allein schon die Farbkombination Rot und Blau hat was für sich. Wenn man aber dem Bild noch seinen „eigenen Look“ verpassen möchte, dann vielleicht einen Touch analogen Bildlook – wie gesagt, wenn man denn mag. So kann man das Rot leicht ins Orangene ziehen, was ein noch besseres Zusammenspiel der beiden Hauptfarben (Komplementärfarben) bewirkt.
Tipp: Halte mal Ausschau nach Bildern mit genau zwei dominanten Farbflächen und diese dann auch noch im Komplementärbereich. Das wirkt unheimlich harmonisch für unser Auge. Bild Nr. 2 besteht übrigens auch aus Kompelementärfarben.
Bild #7
Leica M9, ISO 800, 1/350sek, f/5.6, Summicron 28mm
Ich steh auf Spiegelungen und fotografiere unheimlich gerne durch Scheiben. So auch bei diesem Bild: ein wenig den Ausschnitt angepaßt – also minimal beschnitten, Lightroom Preset „Phoenix“ ausgewählt, ein wenig „Weiß“ dazu geben, das wars schon wieder. So einfach ist Bildbearbeitung.
Bild #8
Leica M9, ISO 250, 1/15sek, f/11, Summicron 28mm, Blitz
Das Bild siehst du leider im gleichen Bildformat wie das original Bild. Eigentlich ist das Foto im 1:1 Format in der Bearbeitung zugeschnitten worden, sieht man nur mit dem Vorher-Nachher-Tool hier nicht. Man darf nämlich ruhig mal aus dem vorgegebenen Bildformat raus, trau dich. Lass dir das spätere Format deiner Fotos nicht von deiner Kamera vorschreiben!
Tipp: Ich weiß – ich häng auch an den Formaten, aber es lohnt sich, sich hier und da einmal davon zu lösen. Schneide das nächste Mal links und rechts alles ab, was nichts zum Bildinhalt beiträgt – weg damit.
Ansonsten funktioniert das Bild sowohl farbig, als auch schwarzweiß. Im Video hab ich auch eine farbige Version ausprobiert – geht auch sehr gut. Bearbeitet ist da relativ wenig, wie bei den meisten Bildern.
Das Foto entstand übrigens auf einem Einzelcoaching Workshop bei Martin U Waltz. Es war der Knaller und hat mir unheimlich gut gefallen. Danke Martin!
Bild #9
Leica M9, ISO 1000, 1/350sek, f/5.6, Summicron 28mm
Leute vor Postern oder Werbetafeln zu fotografieren und einen entsprechenden Ausschnitt wählen, sorgt beim ersten Betrachten für Verwirrung. Das kann ein Bild interessant machen. Hier nicht optimal umgesetzt, aber um den Effekt zu zeigen durchaus zu gebrauchen.
Tipp: Such dir eine coole Werbetafel und lass Passanten davor laufen. Vielleicht ergibt sich ein interessantes Motiv.
Bild #10
Leica Monochrom, ISO 800, 1/1000sek, f/8, Summicron 28mm
Da das Bild aus der Monochrom kommt, muss ich mich hier erst garnicht entschieden, ob farbig oder schwarzweiß die bessere Wahl wäre. Das macht die Nachbearbeitung auch rasend schnell. Foto so beschneiden, dass die störenden Bildelemente oben links im Bild verschwinden. Ansonsten Kontraste und Tiefen rein – fertig.
Der „Melonenmann“ entstand bei nem kleinen Fotowalk über den Fischmarkt von Hamburg – ich hatte für die Szene nur wenige Sekunden Zeit, dann verschwanden die Melonen schon in den Einkaufstaschen vor ihm. An dem Wochenende war auch das erste German Street Photography Festival. Ich hoffe es wird dieses Jahr, beziehungsweise wenn es wieder möglich ist, ein weiteres Festival geben – es war erstklassig! Danke an Martin, Siegfried und Marco für dieses tolle Event.
Bild #11
Leica M9, ISO 160, 1/500sek, f/8, Summicron 28mm
Das nächste Bild entstand auf meinem Workshop bei Siegfried Hansen, was definitiv eine Empfehlung wert ist. Erst vor kurzem habe ich dazu hier auf meinem Blog einen Artikel geschrieben.
Auch bei diesem Bild, besteht die eigentliche Arbeit lediglich daraus, den Bildausschnitt zu optimieren. Die Nacharbeit ist dann eigentlich zweitrangig. Hier gilt, gut ist, was dir gefällt.
Tipp: Bei der Nutzung meiner Presets einfach mal die Weißabgleich-Pipette auswählen und im Bild einzelne Bereiche anklicken – so bekommt dein gesamtes Bild gleich eine neue Farbtemperatur.
Bild #12
Leica M9, ISO 160, 1/4000sek, f/2.0, Summicron 28mm
In dem Fall habe ich die gute Dame genau mittig platziert, also leicht beschnitten und den Filter „Paris“ gewählt mit leichter Korrekter bei den Kontrasten. Gut stehen würde dem Bild auch ein quadratischer Ausschnitt (1:1), sodass nur die Dame und die Säule im Bild zu sehen sind.
Bild #13
Leica M9, ISO 160, 1/750sek, f/2.0, Summicron 28mm
Im Video habe ich das Bild hier lediglich etwas gerade gerückt. Eine weitere Möglichkeit ist, den linken oberen Bereich soweit zu beschneiden, bis das Treppengeländer genau an die Ecke andockt – wie ich es hier gemacht habe.
Der Bildlook ist natürlich gewöhnungsbedürftig. Ich nutze den Effekt auch wirklich selten und wollte ihn hier lediglich einmal zeigen.
Bild #14
Leica M9, ISO 160, 1/4000sek, f/2.0, Summicron 28mm
Das Bild auf jeden Fall in schwarzweiß! Hier sind eigentlich dann nur zwei Sachen zu machen. Bild leicht zuschneiden, das der mittlere Balken auch wirklich in der Mitte ist und dann noch den rechten Bereich aufhellen, um die Silhouette besser auszuarbeiten.
Bild #15
Leica Monochrom, ISO 800, 1/500sek, f/2.0, Summicron 28mm
Auch eines aus der Leica Monochrom, also von Haus aus schwarzweiß. Mehr als Kontrast und Lichter braucht es hier nicht wirklich. Ich hab es noch gerade gerückt. Ich mag es meistens lieber gerade als schief.
Soweit so gut
Es war jetzt doch ein langer Artikel – du hast es geschafft. Ich hoffe du konntest ein paar Einblicke gewinnen und die ein oder andere Anregung hilft dir vielleicht sogar weiter.
Lass mir gerne ein Feedback da. Auch Fragen kannst du mir jederzeit stellen. Ich versuche alle zu beantworten!
Beste Grüße und bis nächsten Montag,
dein Mark
Meine kostenlosen Lightroom Presets
Hier gibts die Presets, die ich für die Bilder hier und auch im Video verwendet habe. Einfach Bildchen anklicken, die Teile in den Warenkorb legen, einen Account in meinem Shop anlegen und 0.-€ bezahlen, fertig. 🙂
Comments 2
Sehr cool Mark,
macht Spaß zu zusehen! Ich find’s immer schön, wenn jemand dazu steht und offen zugibt, dass seine Bilder nachbearbeitet sind. Insbesondere auch solche aus highend-Kameras wie z.b. deiner M-Leica. Ich glaube viele machen sich da Illusionen…
Liebe Grüße und hoffentlich bis bald mal wieder,
Gerald
Author
Hi Gerald,
vielen Dank für dein Feedback! Ich finde Bildbearbeitung gehört zu dem ganzen Prozess natürlich dazu. Mittlerweile kann man, so glaube ich, keine aktuelle Kamera mehr kaufen, die nicht einwandfreie Bilder ausspucken würde. Jetzt kommt es nur noch drauf an, wieviel Spaß dir die Kamera beim Benutzen macht – eigentlich das Wichtigste 🙂
Schön, dass dir der Beitrag gefällt!
Liebe Grüße und bis bald,
Mark